Wiedersehen am See
Ich werde jetzt eine sehr, sehr intime Geschichte von mir erzählen. Ein Teil von mir möchte das überhaupt nicht. Aber gleichzeitig ist da auch etwas in mir, das diese Erfahrung unbedingt teilen will. Weil sie so magisch ist und weil sie so perfekt unsere Beziehung zu unserer Energie verdeutlicht. Ich weiß, dass sie für viele Menschen hilfreich sein kann, und deshalb kommt es mir einfach verkehrt vor, sie geheim zu halten. Also.
Dieses Erlebnis ist die Fortsetzung meines Blogbeitrags über meinen Tag am See. Da bin ich nämlich vorgestern wieder hingefahren. Ich bin gleich zu meinem Lieblingsplatz gegangen und war wieder ganz alleine dort, nur ab und zu kamen ein paar Spaziergänger den Grasweg entlang. Diesmal war es nicht so heiß, so dass ich erstmal eine Weile nur faul auf meiner Decke herumlag. Dann ging ich schwimmen, kam wieder raus, döste noch eine dreiviertel Stunde in der Sonne und als ich gerade wieder gehen wollte – ich hatte mich schon hingesetzt, um mich anzuziehen – da sah ich vielleicht fünfzig Meter rechts von mir diesen Mann vom letzten Mal! Ich war platt – irgendwie hatte ich eigentlich nicht mehr damit gerechnet. Und an meiner Verwunderung wurde mir erst bewusst, wie pessimistisch und resigniert ich inzwischen war: In meinem gesamten äußeren Leben gab es seit eineinhalb Jahren nur diesen frustrierenden Stillstand. Und jetzt war da immerhin dieser Mann, an den ich ja nach unserer letzten Begegnung so viel gedacht hatte. Da wollte ich natürlich nicht mehr weggehen, also legte ich mich gleich wieder hin.
Und kurz darauf kam der Mann auch schon, um an meiner Uferstelle in den See zu steigen. So richtig erkannte ich ihn erst an seinen Birkenstocklatschen, denn diesmal hatte er keine Spiegelbrille und kein Käppi auf. Jetzt sah ich auch, dass er jünger war als ich und ganz bestimmt kein brutaler Frauenmörder – sondern ein ganz normaler, netter Typ. Er grüßte mich und fragte, wie kalt das Wasser heute wäre. Ich antwortete ihm freundlich, aber nur sehr knapp – ich hatte einfach überhaupt keine Lust auf solchen Smalltalk und noch dazu siezte mich der Mann! Er ging schwimmen und danach wieder zu seiner Decke, die diesmal so weit weg lag.
Dann passierte wieder gar nichts, ich konnte diesen Mann im Liegen noch nicht mal sehen. Aber etwas später ging er an mir vorbei, ich sah ihn nur noch von hinten, mit seinem Fahrrad und seinem Rucksack – er suchte sich wohl ein anderes Plätzchen. So sah es zumindest aus. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er in Wahrheit um mich herum schlich, aber sich doch nicht traute, mir näher zu kommen. Dann sah ich ihn eine ganze Weile gar nicht mehr, aber trotzdem sagte mir mein Bauch, dass er nochmal wiederkommen würde. Und genau so war es! Nur zehn Minuten später lag er fast genau an der gleichen Stelle, an der er letzte Woche gelegen hatte, also ungefähr zehn Meter links von mir.
Und dann passierte etwas, das mich innerlich total aufwühlte und extrem verwirrte – ich dachte wirklich, ich seh nicht richtig: Erst lag der Mann in Badehose mit dem Rücken zu mir und wohl gegen die Sonne hatte er sich sein T-Shirt über den Kopf gelegt. Dann drehte er sich irgendwann um, also mit dem Gesicht oder jedenfalls mit dem Bauch zu mir. Ich lag mit geschlossenen Augen auf meiner Decke und blinzelte wieder ab und zu. Und nach einer Weile – ich konnte es wirklich nicht glauben! – sah ich, dass seine rechte Hand auf seiner Hose lag. Nur ganz leicht und locker, als ob sie zufällig da gelandet wäre. Aber genau an dieser Stelle? Ich musste zweimal hingucken – und meine Augen dann erstmal wieder zumachen. Aber als ich kurz darauf wieder blinzelte… Oh nein! Das konnte doch nicht wahr sein! Der Mann hatte seine Hand immer noch da liegen – aber jetzt guckte oben aus seiner Badehose sein großer, harter Penis raus! Und dabei hatte dieser Mann die ganze Zeit sein T-Shirt über dem Gesicht, so dass ich gar nicht wusste, ob er überhaupt mich damit meinte!
Das war zu viel für mich und ich musste mich sofort umdrehen, um mich zu sortieren. Ich war total verwirrt: Stopp, anhalten! Was soll das?! Hier läuft alles ganz, ganz verkehrt! In meinem Kopf war Chaos und mein Herz war in Panik, ich konnte nicht mehr denken, sondern eine Zeit lang einfach nur ganz verwirrt und verunsichert sein.
Aber dann, nach einer Weile, konnte ich etwas fühlen: Ich spürte, dass ich das, was ich da gesehen hatte, eigentlich doch gar nicht so falsch fand. Irgendwie… wie dieser Mann sich selbst berührte… das war nicht grob oder plump. Es war nicht hässlich und auch nicht eklig. Sondern nur ganz leicht und zart – seine Hand hatte sich gar nicht bewegt. Also wenn ich ganz ehrlich mit mir war, dann bewirkte das alles bei mir, dass ich diesem Mann nur umso lieber ganz nah gekommen wäre. Ja, es berührte mich richtig, dass er einfach so schamlos seine Lust da sein ließ. Da hätten ja immerhin Leute vorbeikommen können und er hätte mich damit vergraulen können. Aber dabei war doch eigentlich sein Verhalten natürlich, oder? In Wahrheit sind doch unsere Schamgefühle das Unnatürliche. Und in diesem Moment hörte ich meine Energie – und sie war frustriert:
Mareike, wie deutlich soll dieser arme Mann noch werden, damit du einsiehst, dass du gemeint bist und dass er sich sexuell von dir angezogen fühlt???!!!
Uff. Ich wusste, dass das die Wahrheit war. Und gleichzeitig war ich absolut sicher, dass ohne Ausnahme jeder andere Mensch in diesem Mann nur einen perversen Spanner sehen würde. Aber ich nicht. Ich konnte nicht. Denn in diesem Moment wusste ich, dass er für mich hier war und dass ich mich jetzt endlich dafür öffnen musste – denn sonst dürfte ich mich nie, nie, nie wieder über zu wenig Sexualität in meinem Leben beklagen.
Aber ich wusste nicht, was ich mit dieser Erkenntnis anfangen sollte. Ich überlegte, ob ich zu dem Mann hingehen und mich einfach neben ihn legen sollte. Aber ich konnte nicht, ich war wie versteinert – in mir war immer noch alles in totalem Alarmzustand. Also akzeptierte ich diese Zerrissenheit für diesen Moment. Bis ich, wie aus dem Nichts, plötzlich ganz genau wusste, was ich zu tun hatte: Innerhalb von drei Sekunden war ich angezogen, ich schnappte meine Sachen und ging zu dem Mann, der inzwischen auf dem Bauch lag, mit seinem nackten Po halb rausguckend – diese ganze Situation war so unglaublich! Das wirkte ja schon so, als ob er sich vor Sehnsucht und Lust auf dem Boden wälzen würde! Ich stellte mich neben ihn und sagte mit laut klopfendem Herzen: „Hallo du. Ich würde dich gerne berühren. Aber nicht hier.“
Ich kann mich an diesen Moment gar nicht mehr genau erinnern, ich weiß nur noch, dass dieser Mann überhaupt nicht überrascht wirkte: Er meinte einfach, wir könnten ja woanders hingehen, aber ich sollte mich doch erstmal hinsetzen.
Wie ferngesteuert breitete ich nervös meine Decke neben ihm aus und legte mich mit dem Rücken zu ihm. Und schon drückten wir uns aneinander. Und dann berührte mich dieser völlig fremde Mann rund um meinen Rock und unter meinem Shirt – und zwar wirklich sehr, sehr, sehr schön. Zart und vorsichtig – es fühlte sich sofort himmlisch an.
Aber dieser Platz war mir einfach zu öffentlich, hier konnte ich sowas nicht und ich sagte, dass ich woanders hin wollte, in den Wald. Also gingen wir los. Und da packten mich doch auf einmal Zweifel – ich kannte diesen Mann doch kein bisschen. Vielleicht war er doch ganz anders, als ich dachte? Ich fragte ihn: „Aber du bist nicht so ein schnell schnell Typ, oder?“ Nein, gar nicht, meinte er – er hätte alle Zeit der Welt. Dann fragte ich ihn noch, ob er sowas öfter machte, und er meinte Nein. Weil ich skeptisch war, nahm er seine dunkle Brille ab – und irgendwie fand ich ihn wirklich völlig glaubwürdig. Er wirkte einfach mehr wie ein Junge und gar nicht wie ein Mann.
Der große Wald fing nur ein paar Meter vom Ufer an. Nach zehn Minuten hatten wir wirklich einen versteckten, sonnigen Platz gefunden, auf einer ganz kleinen Graslichtung zwischen Kiefern und Brombeeren. Wir breiteten unsere winzigen Decken übereinander aus und legten uns hin. Der Mann schmiegte sich von hinten an meinen Rücken. Und dann – lagen wir einen Moment lang nur so da. Ohne dass ich etwas sagen musste, wartete dieser Mann von ganz allein erstmal einen Moment.
Und dann fingen wir an, uns gegenseitig überall zu berühren. Es war schön, aber ich war immer noch angespannt – diese Situation war so ungewohnt und alles war so plötzlich gekommen. Eine Zeit lang versuchten wir, miteinander zu schlafen, aber irgendwie klappte das nicht – ich glaube, wir waren einfach beide zu aufgeregt. Irgendwann sagte ich Stopp, weil ich das nicht länger versuchen wollte. Es fühlte sich verkehrt an: Wenn dann musste es von alleine gehen. Also blieben wir einfach so nackt, wie wir inzwischen waren, eng umschlungen in der Sonne liegen und fanden, dass es trotzdem schön gewesen war. Und ich dachte eigentlich, dass wir uns jetzt gleich wieder anziehen und verabschieden würden, an diesem Punkt wäre ein stimmiges Ende gewesen. Aber dann – ging etwas ganz anderes erst richtig los.
Denn dann berührten wir uns gegenseitig supersuper zärtlich noch stundenlang! Also wirklich bestimmt drei Stunden lang, irgendwann hörten wir in der Ferne schon die Abendglocken bimmeln. Und dieser Mann war wirklich zärtlich und mir tat es auch soo gut, ihn zu berühren und meine Liebe fließen zu lassen. Und erst jetzt wird mir klar, was ich so besonders schön fand: Der Mann wirkte so ehrlich und authentisch. Er wollte mich zärtlich berühren und er machte es einfach. Ja, er war so liebevoll, als ob er mich wirklich lieben würde – er war genau so, wie ich selbst bin, wenn ich liebe: Auch seine Hände konnten sich nicht ausruhen, sie wollten ununterbrochen zärtlich über meinen Körper wandern. Und obwohl ich das nie vermisst hatte, spürte ich jetzt, dass das irgendwie ganz anders war als in meinen früheren Beziehungen. Dieser Mann wollte nur ganz unschuldig und ohne Hintergedanken seine Liebe mit mir teilen – ganz zart und vorsichtig. Und dass er nicht mit mir schlafen konnte, schien ihn gar nicht zu stören. Ja, es war, als ob er mich stattdessen einfach genauso gerne streichelte.
Unser Platz war super uneben, in einer Kuhle, mit lauter Wurzeln unter unseren winzigen Decken, die bald gar nicht mehr richtig unter uns lagen und wir waren ja komplett nackt. Aber trotzdem machten wir immer weiter, es war einfach zu schön, um damit aufzuhören. Die Sonne wärmte uns und wir liebten uns einfach ohne Sex und auch ohne uns zu küssen. Aber alle unsere Berührungen waren so fein und so liebevoll und zärtlich. Und dabei redeten wir kein einziges Wort.
Und einiges wird mir erst jetzt im Nachhinein bewusst: Dieser Mann fühlte sich wohl in seinem Körper. Das spürte ich – auch daran, dass ich mich gleich so wohl mit seinem Körper fühlte. Und außerdem wirkte er wirklich leicht. Es kommt mir fast magisch vor: Ich hatte mich entschieden, dass ich keinen Ballast von irgendwem mehr auf mich nehmen wollte – und jetzt fühlte es sich an, als ob dieser Mann gar keinen Ballast hatte. Oder ihn zumindest ganz raushielt aus unserer Begegnung. Das war auch neu und schön.
Aaaahhh, was für ein wundervoller Nachmittag. Am Ende saßen wir noch eine Weile auf unseren Decken in der Sonne, der Mann umschlang mich von hinten und wir unterhielten uns doch noch ein bisschen – erst jetzt sagten wir uns unsere Namen, daran hatten wir vorher gar nicht gedacht. Der Mann war etwas jünger als ich und er fuhr ab und zu mit seinem Rad zu diesem See. Unsere Nummern tauschten wir nicht aus, aber wir waren uns einig, dass wir unser wunderschönes Zusammensein bei unserem nächsten Wiedersehen fortsetzen wollten. Und ob ich davon dann noch hier erzählen werde, da bin ich mir nicht so sicher. Auf jeden Fall würde ich den neuen zweiten Hauptdarsteller dann erstmal um Erlaubnis fragen.
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Luisa (Mittwoch, 19 Juli 2023 15:36)
Liebe Mareike!
Wow, ich bin einfach fasziniert! Was für ein Beispiel dafür, dass unsere Energie sofort für uns ans Werk geht. Aber vor Allem bin ich überwältigt davon, dass du in diesem Moment deine Energie mit Dir hast sprechen hören und sehen. Ich habe mich selbst dabei ertappt, wie ich anfangs geschockt von den ‚Taten‘ dieses Mannes war. Aber deine Sichtweise hat mir sofort geholfen, die Situation aus der Sicht deiner Energie zu sehen und wie LIEBEVOLL sie dir helfen will und sie für dich da ist.
Ich finde es auch toll und ich freue mich riesig, dass du so eine Erfahrung machen durftest, in der eure Lust einfach ganz frei und unschuldig fließen und ausgelebt werden konnte.
Danke fürs Teilen!
Mareike (Mittwoch, 19 Juli 2023 16:20)
Liebe Luisa,
ui, es ist so schön für mich, dass du genau das in meiner Geschichte wahrgenommen hast! Denn genau deshalb wollte ich sie so gerne teilen. Aber weil ich so wenig Feedback zu meinen Texten kriege, frage ich mich oft, ob diese „Botschaften“ meinen Lesern nicht am Ende doch verborgen bleiben, weil sie außer mir niemand erkennt? Also ich freue mich riesig, dass du sofort sehen konntest, wie unglaublich kostbar meine Erfahrung nicht nur für mich war! Danke für deine Rückmeldung!