Frei von Angst und Scham lieben
Als ich meinen Blog im Herbst angefangen habe, war das eigentlich gar nicht so anders als mein privates Tagebuchschreiben. Ich wusste ja, dass auf meiner Webseite kaum noch jemand landet und dass von denen erst recht so gut wie niemand auf „Blog“ klicken würde. Aber das war mir auch ganz recht so, weil etwas in mir sich eigentlich weiter nur verstecken wollte. Trotzdem war es auch erleichternd, mich hier auszudrücken und meine besondere Sicht der Welt nicht mehr nur für mich zu behalten. Es drängten immer neue Themen in mein Bewusstsein und mein Monster Boris sorgte dafür, dass ich sie auch wirklich in meinem Blog sichtbar mache.
Aber dass ich hier mein ganzes Liebesleben ausbreiten würde – uh, damit hatte ich kein bisschen gerechnet. Und wenn ich das gewusst hätte, hätte ich meinen Blog garantiert erst gar nicht angefangen. Aber diese Themen drängten sich mir genauso auf wie die ganzen anderen vorher. Das war ein schrecklicher Zustand, aber wie immer konnte ich diese Zerrissenheit auch wieder nur zulassen. Und am Ende wusste ich: Es gibt nur eins, was sich noch schlimmer anfühlt, als von diesen Sachen zu erzählen: es nicht zu machen. Ich spürte, dass auch sie hierher gehören.
Das sind also sehr intensive Zustände, die ich gerade durchlebe und deshalb möchte ich jetzt über das stärkste Gefühl schreiben, das ich dabei empfinde: Scham. Und vielleicht wunderst du dich, weil es in meinen intimen Geschichten doch gar nichts gibt, wofür ich mich schämen müsste? Aber das ist ja genau der Punkt: Jetzt findest du keine Scham mehr in meinen Texten. Weil ich sie erst überwinden musste, bevor ich so etwas Persönliches überhaupt veröffentlichen konnte. Aber bis es soweit war, haben mich intensive Schamgefühle gequält. Und erst jetzt, nachdem sie hinter mir liegen, sehe ich, wie verkehrt und überflüssig sie waren. Und trotzdem haben sie das menschliche Bewusstsein fest im Griff, wenn es um das Thema Sexualität geht: Wenn ich in die Welt hineinspüre, dann glaube ich nicht, dass es auch nur einen einzigen Menschen gibt, der dabei nicht zumindest ein ganz leises Gefühl von Scham empfindet. Und der ganze Rest möchte wahrscheinlich am liebsten sofort im Erdboden versinken und ganz, ganz schnell das Thema wechseln.
Bevor ich meine Sexualität so sehr genießen konnte, wie ich es heute kann, musste ich mich durch Berge von Scham hindurchfühlen. Und erst jetzt wird mir bewusst, dass es genau das war, was in meinen „Potenzialreisen“ passiert ist. Wenn ich so ein Lieblingspotenzial aufgespürt habe, bei dem meine gesamte Realität jubelte – Ja, das wäre mit Abstand das Allerallerschönste! Genau das soll wahr werden! – dann entdeckte ich das immer erst unter einer dicken Schicht von Schamgefühlen. Die spürte ich durch meine körperlichen Schmerzen. Sie wirkten wie ein Schmerzpanzer und erst wenn ich mir erlaubte, wirklich schamlos zu wählen – immer erst dann löste diese Panzerung sich auf.
Unser wirkliches Ich – unsere Seele – kennt keine Scham: In meiner Erleuchtungserfahrung habe ich gesehen, dass es nichts gibt, wofür meine Energie mich verurteilen würde. Wir glauben das nur in unserem menschlichen Bewusstsein. Aber wenn du wirklich du selbst bist, dann gibt es keine Scham. Sie interessiert dich einfach nicht. Dich interessiert dann nur noch, was du wirklich willst. Und sobald du das weißt, wird es dir wichtig sein, das absolut klar und deutlich zu formulieren. Denn nachdem du es dir bewusst gemacht hast, hast du überhaupt keine Lust mehr, etwas anderes und für dich Schlechteres von deiner Energie geliefert zu kriegen. Und dabei geht es nicht vorrangig darum, das jemand anderem so deutlich zu sagen – sondern darum, es dir selbst bewusst zu machen: dir selbst diesen Wunsch einzugestehen und ihn anzuerkennen. Denn erst dann registriert ihn auch deine Energie als Auftrag von dir, den sie erfüllen muss. Und dann fällt es dir auch ganz leicht, gegenüber anderen dazu zu stehen.
Scham verhindert genau das, was eigentlich so kostbar ist an unserer Sexualität. Durch Scham wird es unmöglich, das Heilsame und Heilige daran zu erleben. Weil sie dafür sorgt, dass wir unsere Gedanken an Sexualität von vorn herein verurteilen. Und wenn wir uns schon nicht erlauben, uns eine schamlose Sexualität vorzustellen, dann wird es schwierig, sie überhaupt jemals zu erleben: Deine Energie kann dir schlecht etwas erschaffen, was in deiner Vorstellung gar nicht existiert. Dabei macht erst die Scham selbst unsere Sexualität zu etwas Beschämenden. Weil sie unsere natürliche Sexualität unterdrückt und wenn sie dann doch mal zum Vorschein kommt, wirkt sie nur noch wie eine plumpe, notgedrungene Entladung. Dann ist nichts mehr von ihrer eigentlichen, magischen Schönheit zu erkennen, sondern sie zeigt sich dann nur noch verkrüppelt und entstellt und kümmerlich.
Ich möchte dir jetzt ein Beispiel davon geben, wie meine schamfreien Gedanken über meine Sexualität aussehen können. Bestimmt erkennst du dadurch, wie künstlich und verkehrt deine eigenen Schamgefühle sind. Dass es wirklich nie etwas gab, wofür du dich schämen müsstest. Ich beschreibe dir also mal, wie das ist, wenn da ein Mann in meinem Leben auftaucht, der mich irgendwie berührt. Erstmal stelle ich das einfach nur fest und ich unternehme gar nichts weiter. Und dann – und wirklich erst dann – wenn meine Gedanken immer wieder zu diesem Menschen wandern, erlaube ich mir, sie frei fließen zu lassen. Sie wollen zu ihm und zu einer bestimmten Begegnung mit ihm.
Wenn ich versuche, diese Vorstellungen mit meinem Verstand zu beeinflussen, dann fühlt sich sofort alles anstrengend an. Das funktioniert also überhaupt nicht und ich lasse es gleich wieder sein. Stattdessen gibt es nur eins, was leicht geht: Ich kann nur beobachten, welche Impulse in mir auftauchen und wie sie sich anfühlen. Ich lasse also einfach alle Gedanken zu und sobald einer davon wieder anstrengend wird, lasse ich ihn fallen. Und die meisten Gedanken sind anstrengend. So wie in meinem Bild vom Meer aus Tischtennisbällen taucht nur ganz selten, nur hier und da mal ein gelber Ball in meinem Bewusstsein auf: ein Gedanke, der sich völlig anders und neu anfühlt. Einfach nur richtig und stimmig. Mein Herz wird dann weich und weit und ich weiß sofort mit absoluter Sicherheit: In diese Richtung möchte ich weiter nachspüren. Also mach ich das.
Auf diese Art taste ich mich Stück für Stück weiter vor zu einem Potenzial, von dem ich zweifelsfrei weiß: Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass diese Vorstellung wahr wird. Das ist es, was ich unendlich gerne in meiner Realität erfahren möchte! Und in diesem Moment ist mir auch gar nicht mehr wichtig, ob dieser bestimmte Mann überhaupt daran beteiligt ist. Vielleicht kam er auch einfach nur in mein Leben, um dieses Potenzial in mir zum Vorschein zu bringen? Die Antwort ist mir dann schon egal, denn es reicht mir zu wissen: Ich habe meine Wahl getroffen und ich weiß, dass mein Job damit erledigt ist. Meine Energie hat das registriert und ich vertraue ihr blind, dass sie sich wieder irgendeine verblüffende Konstellation einfallen lässt, um mir diese Erfahrung zu bescheren. In diesem Moment fällt das ganze Thema von mir ab und ich kriege sofort Lust, mich jetzt wieder mit was ganz anderem zu beschäftigen.
Das Ergebnis von so einer Potenzialreise könnte zum Beispiel so klingen: Dieser Mann berührt mich so sehr. Ich spüre etwas in seinem Wesen, das mich zu ihm hinzieht. Es ist sein besonderes Wesen, das mich so neugierig macht. Ich möchte es besser sehen können. Aber die Welt ist zu laut und zu kalt, so dass ich es überhaupt nicht klar erkennen kann. Ich möchte viel lieber ganz allein mit ihm sein, an einem ungestörten Ort, in meinem warmen Bett und dort möchte ich diesem Wesen ganz nah kommen. Ich möchte meine Augen zumachen können, weil ich nur so wirklich alles von ihm wahrnehmen kann. Ich spüre, dass dieses andere Wesen wunderschön ist, aber es hat sich so tief in seinem Körper versteckt, weil es so zart ist. Dieses zarte Wesen möchte ich so, so gerne sehen und dafür möchte ich seinen Körper so liebevoll und vorsichtig berühren wie ich nur kann, so dass es von ganz allein zum Vorschein kommt. Und ich spüre auch seine Liebe und Neugier auf mich und deshalb möchte ich mich auch von ihm so zart berühren lassen, dass auch ich mich traue, alles von mir, wie ich wirklich bin, zum Vorschein zu bringen. Seine Berührungen sollen so feinfühlig sein, dass ich gar nicht mehr anders kann, als mich zu zeigen, weil es sich so absolut richtig und sicher anfühlt, mit diesem Menschen so nah zusammen zu sein. Aaah… eine so intime Nähe möchte ich erfahren – das wähle ich!
Meine Sexualität hat ihren Anfang also immer in meinem Bewusstsein. Und wenn ich sie dann wirklich erlebe, erkenne ich jedes Mal: Wow, genau das hatte ich mir gewünscht! Aber ich hatte ja keine Ahnung, dass es sich in echt soo wundervoll anfühlen würde! Und siehst du jetzt, wie überflüssig es die ganze Zeit war, sich zu schämen? Wie die Scham rund um unsere Sexualität etwas im Keim erstickt hat, das eigentlich der Himmel auf Erden für ein verkörpertes Seelenwesen sein sollte? Mit meinem Beispiel möchte ich es dir leichter machen, deine eigenen Schamgefühle hinter dir zu lassen und dich für das zu öffnen, was deine Sexualität eigentlich an Wundervollem für dich bereithält.
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